Cooles Rennen bei kühlen Temperaturen

Laufbericht Halbmarathon Mülheim 2015

„Ich hab‘ nix zum Anziehen“ – tatsächlich kommt mir in der Umkleidekabine in Mülheim beim Einkleideritual dieser Satz über die Lippen.

Kurzärmliges Laufshirt, kurze Hose und Kompressionsstrümpfe. Das hatte meine Sporttasche im Angebot. Mehr nicht. Eine zusätzliche Jacke zum Einlaufen hatte meine Tasche zwar noch zu bieten, aber das ging ja irgendwie auch nicht: Erstens ist die ziemlich schwer und daher nicht wirklich wettkampftauglich. Und zweitens musste das neue Laufshirt des TG Konz Lauftreffs ja auch irgendwie zur Geltung kommen. Zwecks Werbung für unseren Jubiläums-Wurzelweglauf.

Nun denn, muss ich halt etwas schneller laufen, damit mir nicht kalt wird. Damit ist das schon mal geklärt. Wahrscheinlich ist das genau die Begründung die mir noch gefehlt hatte, den Halbmarathon doch etwas schneller anzugehen als eigentlich geplant. Und während ich zähneklappernd in der Startaufstellung vor mich hin friere, freue ich mich über das willkommene Alibi, es von Anfang an richtig laufen zu lassen. Wie immer ist von Kälte bald nicht mehr sehr viel zu spüren, obwohl mir der Wind die ersten 2,5 Kilometer an der Mosel schon heftig ins Gesicht bläst. Die Kollegen vom 10er werden sich freuen. Die müssen die Runde zweimal drehen.

Bei Kilometer 4 kommen die ersten Zweifel, ob ich nicht doch etwas zu schnell unterwegs bin. Teilweise unter 4:40 die ersten Kilometer. Ob ich die nächsten 17 Kilometer durchhalte? Bei dem Profil? Ich bin diese Strecke noch nie gelaufen, aber meine Läuferkollegen hatten mir sehr anschaulich von den bevorstehenden Steigungen berichtet. Also vielleicht doch etwas Tempo rausnehmen? Ach was! Da hat sich gerade so eine schöne Laufgruppe gebildet und mit denen läuft es sich ganz gut. Also bleibe ich dran. Bei Kilometer 5 laufen wir am Start vorbei. Dort stehen unsere 10er und feuern mich an. Das gibt ein gutes Gefühl und motiviert.

Kilometer 6: Der steinige Weg macht das Laufen etwas ungemütlich – Karl-Josef hatte das ja schon prophezeit – und der Weg steigt leicht an. Noch bin ich dran an meiner schnellen Mitlaufgruppe. Bei Kilometer 7 gestehe ich mir ein, dass diese Pace doch etwas zu schnell für mich ist. Die harten Nummern kommen ja erst noch. Also lasse ich sie laufen. Wer weiß, vielleicht hole ich den ein oder anderen davon später wieder ein …

Mit etwas ruhigerem Atem habe ich jetzt die Chance, ein wenig von der Gegend mitzubekommen. Eigentlich sehr schön hier. Veldenzer Bach zur Rechten, Mühlengraben zur Linken, dazwischen Wiesen und Pferdekoppeln. Dann bin ich schon in Veldenz und es geht auf Asphalt weiter Richtung Burgen. Die ersten 9 Kilometer sind geschafft. Die Zwischenzeiten passen. Aber werden mich die Steigungen nachher nicht aus dem Tritt bringen?

Zeit, meinem Körper eine Runde Gel zu spendieren, damit ich an der Wasserstelle bei Kilometer 10 nachspülen kann. Wenn nicht bei diesem Halbmarathon, wann dann ist ein guter Zeitpunkt zu testen, was mein Magen bei vollem Renntempo zu diesem Zeug so sagt. Doch zuerst meckern Gaumen und Schlund. „Hast Du nichts anderes zu bieten? Ist ja kaum runterzukriegen diese klebrige, süße Masse.“ Kilometer 10: Keine Wasserstelle. Die kommt erst zwei Kilometer später oder so. Bis dahin ist das Powergel längst durch die engsten Passagen meines oberen Verdauungstraktes durch. Und der Magen? Er ist nicht euphorisch, aber er rebelliert auch nicht. Gut zu wissen für den bevorstehenden Marathon.

Ob das Gel beim Halbmarathon wirklich etwas bringt? Ich weiß es nicht. Aber zumindest gibt es mir das Gefühl, dass die gefürchteten Steigungen bis zur Wende bei Kilometer 12 gar nicht sooooo schlimm sind. Als mir dann noch ein netter Zeitgenosse das steile Stück mit den Worten „Das ist der letzte Anstieg“ kommentiert, fühle ich mich vollends befreit, ein bisschen aufs Tempo zu drücken.

Das Trinken aus den Plastikbechern geht allerdings völlig in die Hose bzw. auf das Laufshirt. Schade um des leckere Getränk. Aber es will einfach nicht klappen. Beim Halbmarathon ist das ja kein Problem, bei diesen Temperaturen schon gar nicht. Aber für den bevorstehenden Marathon muss ich mir was ausdenken. Vielleicht sollte ich doch mal mit einem Strohhalm experimentieren, wie ein Laufkollege mir geraten hat …

Bis Kilometer 16 geht es nun jetzt fast ständig bergab. Ein Blick auf die Uhr lässt auf eine sehr gute Zeit hoffen. Aber jetzt kommt eine anspruchsvolle Passage: Ziemlich welliges Profil und recht starker Gegenwind. Jetzt wäre es in meiner kuscheligen Läufergruppe ganz nett. Die ist zwar noch in Sichtweite, aber unerreichbar für mich. Hinter mir tut sich auch nichts. Also muss ich da alleine durch. Das stärkt die Moral.

Ab Kilometer 18 führt die Strecke runter Richtung Brauneberg an der Mosel. Etwas zu steil, um richtig Tempo zu machen. Schade für die verschwendete Energie. Trotzdem ist Kilometer 19 mein schnellster in diesem Rennen. Kilometer 20 flutscht, ich gebe nochmal Gas. Wozu noch Kräfte sparen? Den letzten Kilometer schaffe ich auch noch. Es geht nochmal leicht bergan, dann kommt die kurze fiese Rampe. Aber darauf bin ich vorbereitet. Ist doch gut, wenn man den Streckenvermesser im eigenen Lauftreff hat. Danke Karl-Josef. 🙂 Die Kraft reicht noch gut, und oben angekommen sammle ich noch 2 Läufer von meiner anfänglichen Läufergruppe ein, die auf die letzten Kilometer etwas zurückgefallen waren. Von jetzt an geht’s nur noch bergab. Laufen lassen und genießen. Ein paar Kurven noch. Bloß nicht verlaufen. Rechts jetzt, dann nochmal rechts. Ah, da ist es ja das Ziel. Mitten auf der Wiese. Gewöhnungsbedürftig. Lächeln! Man weiß nie, wer da fotografiert.

Und zum Lächeln habe ich allen Grund: 1:38:45. Neue Bestzeit. Auf dieser Strecke. Echt cool. Das mit den kurzen Hosen und dem kurzärmligen Laufshirt war doch keine schlechte Idee. Alles eine Frage der Geschwindigkeit. 🙂

In diesem Sinne hier mein Tipp für den ambitionierten aber fröstelnden Läufer:

Hast Du mal nur ’ne kurze Hos‘
obwohl der Wind bläst frisch und kalt,
dann lauf halt etwas schneller los.
Dann bist im Ziel Du schon sehr bald.

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3 Gedanken zu „Cooles Rennen bei kühlen Temperaturen“

  1. Schöner Artikel und nochmal Herzlichen Glückwunsch zu der guten Zeit. Wie man sehen konnte, hat dich der Teilweise starke Gegenwind nicht aufgehalten. 🙂

  2. Auch von mir herzlichen Glückwunsch zur neuen Bestzeit! Wie ich dir schon sagte, mach weiter so! Dann hast du mich bald 🙂

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