Come back im Bienwald

Laufbericht vom Bienwald Halbmarathon

Nach sechs Monaten verletzungsbedingter Laufpause musste es dieses Jahr ein früher Halbmarathon sein. Die Entscheidung für mein läuferisches Come back war früh für den Bienwald in Kandel gefallen. Flach, landschaftlich schön und ein Katzensprung von meiner früheren Heimat entfernt. Das Wettkampfziel ist schnell definiert: Eine neue Bestzeit muss her.  Aber ist das nicht doch etwas zu ehrgeizig nach so langer Wettkampfabstinenz?

Auch Miriam und Hendrik haben diesen Ort gewählt, um ihren ersten Marathon für dieses Jahr zu absolvieren. Es ist schön, die beiden vor dem Start auf der Marathonmesse zu treffen.

Geschäftiges Treiben vor dem Start
Geschäftiges Treiben vor dem Start

Viel Zeit zum Plauschen haben wir nicht. Locker einlaufen, gut aufwärmen und den passenden Startplatz suchen. Und schon geht es los. Ich finde schnell meinen Rhythmus. Wie geplant starte ich mit einer Pace von 4:40 oder etwas darunter. Das fühlt sich gut an. Die Atmung ist ok. Die vielen, langen Läufe und die flotten Tempoläufe in den letzten Wochen haben sich gelohnt.  Die ersten Kilometer geht es durch einen Teil Kandels, dann passieren wir das idyllische Dörfchen Minfeld. Ein paar frühe Zuschauer entlang der Straße und an den Fenstern feuern uns an. Es läuft gut. Durchgangszeit 5 Kilometer: 23:03. Gut 15 Sekunden besser als die Zeit auf meinem Kilometer-Spickzettel, der mich zur neuen Bestzeit führen soll. Miriam läuft in Sichtweite vor mir. Ziemlich genau meine Pace. Aufschließen zu ihr möchte ich aber lieber nicht. Ich muss meine Kräfte sparen. Habe ja noch einiges vor.

Jetzt geht es in den Bienwald. Ich fühle mich prächtig. Baue meinen Vorsprung auf die geplanten Kilomterzeiten aus. Bei Kilometer 10 zeigt die Uhr 46:03. Das sieht richtig gut aus. Beruhigend zu wissen, dass ich da einen Puffer von fast 40 Sekunden auf meine geplante Bestzeit habe. Denn ab jetzt habe ich eine kleine Tempoverschärfung eingeplant. Wer weiß, ob ich die schaffe. Doch noch läuft es hervorragend. Vielleicht fühlt sich so das „Runner’s High“ an. Auf der sehr langen Geraden bis zum Halbmarathon-Wendepunkt lasse ich mich sogar dazu verleiten, ein kleines Schwätzchen mit einem Mitläufer zu halten.

Hier geht's lang
Hier geht’s lang

Ich ahne, was auf dem Rückweg schnell Gewissheit wird: Ich habe Rückenwind. Kein Wunder, dass es nach der Wende schwerer wird, zumal meine geplanten Kilometerzeiten jetzt ja bei 4:35 Minuten liegen. Dazu kommt, dass  die Kilometermarken am Streckenrand zunehmend später zu kommen scheinen. Das heißt: Das GPS in meiner Laufuhr geht mal wieder gnadenlos vor. Trotzdem schaffe ich es, wenigstens die Hälfte meines herausgelaufenen Vorsprungs bis Kilometer 15 zu retten.

Die Beine werden jetzt sehr schwer. Habe ich die letzten Kilometer überpaced? Bin ich mein Halbmarathon-Comeback zu euphorisch angegangen? Ich zweifle an den Gelchips, die ich mir im Mund hin- und herschiebe. Ob die Dinger tatsächlich Energie spenden weiß ich nicht. Aber jetzt scheinen sie sogar ihre psychologische Wirkung verloren zu haben. Ich greife mir am Verpflegungspunkt einen Becher mit einem   Elektrolytgetränk.  Natürlich verschlappere ich das meiste. Aber die ein oder zwei Schluck scheinen mir etwas Kraft zurückzugeben. Vielleicht sind es auch die Zuschauer, die an einer Hütte im Wald am Wegrand stehen. Da kann ich mich ja jetzt nicht hängen lassen.

Also Brust raus und noch eine kleine Schippe drauflegen. Mittlerweile kommt der Wind nur noch schräg von der Seite. Ich schaffe den ein oder anderen Kilometer unter 4:30, auch wenn ich jetzt schon ziemlich beißen muss. Richtig hart wird es von Kilometer 18,5 bis 20. Jetzt bläst der Wind erbarmungslos heftig von vorne. Durch den Wind kann ich aber schon den Stadionsprecher in der Ferne hören. Also reiße ich mich zusammen. „Auf! Die paar Kilometerchen schaffst Du noch!“ höre ich mich sagen.

Endlich geht es rechts ab Richtung Stadion. Der Wind lässt nach. Noch ein guter Kilometer. Endspurt. Auf meinen Spickzettel schaue ich längst nicht mehr. Ich weiß, dass ich klar auf Bestzeitkurs bin. Die lasse ich mir nicht mehr nehmen. Es ist jetzt nur noch die Frage, wie weit ich meine bisherige Halbmarathon-Bestmarke unterbiete. Ausrechnen kann ich das jetzt nicht mehr. Mein Blut brauche ich in den Beinen, nicht im Kopf. Also laufe ich einfach, was die Beine hergeben. Und sie tragen mich in 4:25er Pace in Richtung Stadion.

Jetzt sehe ich, dass ich noch fast eine komplette Runde durchs Stadion laufen muss. Auch das noch. Mein GPS hat die Halbmarathondistanz längst erreicht, da liegen noch 200 Meter vor mir. Nochmal eine letzte Tempoverschärfung. Und da ist es endlich: das ersehnte Piepen der Zielmatte. Musik in meinen Ohren. Meine Uhr bleibt stehen bei 1:37:00. Wow!!!

Fotobeweis: Neue Bestzeit
Fotobeweis: Neue Bestzeit

Einunddreiviertel Minuten schneller als meine bisherige Bestmarke. Als ich am Abend die Nettozeit im Internet abrufe, kann ich mich sogar über eine offizielle Zeit von 1:36:58 freuen.

Glückwunsch an dieser Stelle auch an Miriam und Hendrik zu ihrem Marathon!

Marathonis unter sich
Marathonis vor dem Count Down

Auch wenn im Bienwald der Wind erbarmungslos bläst und sich hier Fuchs und Has‘ „Gute Nacht“ sagen, es ist ein schönes Fleckchen Erde und absolut bestzeitengeeignet. Ich werde es in sehr guter Erinnerung behalten. Und so könnte „Come back im Bienwald“ auch bedeuten, dass ich irgendwann hierher zurückkomme …

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4 Gedanken zu „Come back im Bienwald“

  1. Hey Matthias,
    Glückwunsch nochmal zur neuen Bestzeit und natürlich zu deinem Comeback nach der langen Pause! Habe dich sehr vermisst im Training und freue mich umso mehr, dass du wieder top fit zurück bist!

    Sehr schöner Bericht, der mich motiviert auch so langsam mal wieder auf meine Frühjahrsform zu kommen 🙂

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