Training pur – Ein Wochenende für Kopf und Beine

Freitag, 27.2.2015,
18:30 Uhr
Treffpunkt am Stadion. Trainer Andreas gibt nochmal einen Überblick über das, was uns an diesem Wochenende erwartet …

Nach dem obligatorischen Gruppenfoto machen sich die etwa 10 bis 15 (noch) gutgelaunten Läufer auf den Weg zur ersten Laufeinheit: Je nach persönlicher Leistungsklasse und Form begibt sich die illustre Läuferschar auf eine 10, 12 oder 15 Kilometer lange Runde ins Konzer Tälchen. Andreas begleitet uns mit dem Fahrrad, hält hier und da ein Schwätzchen und ermahnt uns regelmäßig, das Tempo zu drosseln. Er weiß halt ganz genau, was die nächsten 2 Tage noch vor uns liegt. Also: einen Gang rausnehmen, locker bleiben und die Gelegenheit nutzen, mit den Laufkollegen Neuigkeiten auszutauschen. Gesprächsstoff gibt es ja immer …

Samstag, 28.2.2015,
8:15 Uhr
Die Sonne versteckt sich zuweilen noch hinter einem Vorhang von Frühnebel, aber sie lässt erahnen, dass das heute einer der bisher schönsten Tage dieses bislang eher durchwachsenen Jahres wird. Das sieht vielversprechend aus. Allerdings kann das Wetter nicht darüber hinwegtäuschen, dass die gestrige Vermutung richtig war: Es wird hart heute, sehr hart. Nach Gruppenfoto, Einlaufen und obligatorischem Lauf-ABC lässt Trainer Andreas die Katze aus dem Sack. Seine Liste der Grausamkeiten ist lang heute Morgen: Drei mal neun Minuten Tempointervalle. Netto!
Konkret bedeutet dies: 90 Sekunden schnell, dann 90 Sekunden locker, das Ganze sechs Mal. Nach neun Minuten lockerem Traben beginnt die zweite Einheit: Dieses Mal sind es neun Intervalle à 60 Sekunden, jeweils unterbrochen durch 60 Sekunden Trabpause. Wieder neun Minuten Luft holen. Und weil’s so schön war noch einmal: 18 Mal 30 Sekunden über die Bahn heizen mit jeweils 30 Sekunden Trabpause dazwischen.

Eingeleitet und beendet werden die Intervalle durch einen kräftigen Pfiff des Trainers. Wie sehr sehne ich den befreienden zweiten Pfiff des Trainers als Signal für das Ende der Tempointervalle herbei. Er ist wie Musik in meinen Ohren. Der nächste Pfiff jedoch klingt eher wie der Auftakt zur nächsten Folterstufe. Komisch, der Pfiff nach der Trabpause kommt immer ganz schnell, während sich die Tempointervalle deutlich länger anfühlen. An was das wohl liegt?

Um 11.00 Uhr bin ich wieder zu Hause, mit 20 Kilometern auf der Uhr und Beinen schwer wie Blei. „Wie sollen wir die nächste Einheit heute Nachmittag überstehen?“ senden die Beine an den Kopf. Doch der ist auf diese Frage bereits vorbereitet:  „Erst mal lecker Spaghetti essen und dann die Beine hochlegen. Wird schon irgendwie gehen nachher.“

15:00
Da sind sie wieder, die Unermüdlichen. Auf zur nächsten Trainingseinheit. Längst ist die Sonne vollends durchgebrochen und es verspricht ein herrlicher Laufnachmittag zu werden. Zumindest wettermäßig. Meine Beine sind der Meinung, dass es ein schöner Spaziergang auch täte. Aber mein Kopf sagt: „Vergiss es. Wer A sagt muss auch B sagen. Das Trainingswochenende wird durchgezogen. Basta.“

Und so findet sich die illustre Laufgemeinde auch schon auf dem Weg zum Panoramaweg auf Roscheid, wo wir die nächsten 75 Minuten zwei Runden im Wechsel laufen: eine große à 2,9 und eine kleine à 1,7 Kilometer. Ziemlich profiliert. Das Ganze soll als mittlerer Dauerlauf gelaufen werden. Meine Interpretation von „mittel“ fällt nach dem heutigen Morgentraining etwas niedriger aus als sonst. Macht aber nichts. Es tut richtig gut, mal wieder bei Sonne zu laufen.

Bei diesem tollen Wetter darf die Fotokamera natürlich nicht fehlen. Andreas knipst – sorry – fotografiert, was das Zeug hält. Da heißt es, immer schön lächeln, Haltung annehmen und so tun, als sei man noch frisch. Soll bloß keiner sehen, dass ich mich eigentlich längst fühle, als hätte ich gerade einen Ultra absolviert.

Zu Hause angekommen schreit mein Körper nach einem heißen Entspannungsbad. In Ordnung, hatte ich ihm ja auch versprochen, wenn er mich heute nicht im Stich lässt. Hat er nicht, und außerdem möchte ich ihn für morgen noch ein bisschen bei Laune halten. Da wartet ja das Finale auf uns …

Sonntag, 1.2.2015,
7:00 Uhr
Raus aus dem Bett! Der Kopf ist ja längst wach, aber der Rest des Körpers protestiert: „Aufstehen? Bewegen? Du willst doch nicht etwa …“ Doch, ich will. Die eine Einheit geht noch. Langsam, aber mindestens zwei Stunden. Das wird schon. Der Körper protestiert erfolglos. Auch wenn er mit allen Mitteln deutlich zu machen versucht, dass er das für überhaupt keine gute Idee hält. Aber da muss er jetzt durch. Und zwar ohne Frühstück. Er soll ja schließlich lernen, seine Fettreserven anzuzapfen.

8:15 Uhr
Ein letztes Aufbäumen als ich versuche, mir die Schnürsenkel zuzubinden. Bücken ist mir auch schon einmal leichter gefallen. Die ersten Laufschritte vor der Tür fühlen sich an wie, na ja, wie neu laufen lernen halt. Immer einen Schritt vor den anderen. Gut, dass die meisten Nachbarn noch schlafen. Obwohl, stand da nicht gerade einer grinsend hinter der Gardine? Egal. Soll er erst mal nachmachen.

8:25 Uhr
Ankunft am Stadion. Auf dem Programm stehen mehrere Runden Richtung Schießstand, Gummiweg, Falkensteinerhof und zurück. 4,4 Kilometer die Runde. Wie viele Runden werde ich wohl schaffen? Kurzer Abstimmungsversuch meines Kopfes mit dem Rest des Körpers. Es kommt zu keiner einvernehmlichen Lösung. Also wird die Entscheidung vertagt. Anfang der dritten Runde durch Pfützen und Matsch – Da kommen die Trailschuhe mal richtig zum Einsatz! – schlägt mein Kopf vor, nach viereinhalb Runden nach Hause zu laufen. Das wären dann etwa 25 Kilometer. „Viel zu viel“ kontern die unteren Körperteile. Auf der vierten Runde muss auch der Kopf einsehen, dass der Körper dieses Mal recht hat. Es reicht. Diese Runde noch zu Ende und dann nichts wie unter die Dusche. Die Rundenzeiten sprechen Bände. Interessant: Es fällt mir heute überhaupt nicht schwer, möglichst langsam zu laufen. Das geht irgendwie ganz von selbst – und von Runde zu Runde werde ich besser darin. Ob sich so der Mann mit dem Hammer anfühlt? Na ja, besser heute als beim Marathon.

Auf der letzten Rille schaffe ich den letzten Kilometer nach Hause. Bei 21,33 Kilometern bleibt die Uhr stehen. Schuhe aus (gar nicht so einfach), raus aus den Klamotten und unter die heiße Dusche. Selten hat die sich so gut angefühlt.

11:30 Uhr
Jetzt beginnt der gemütliche Teil des Trainingswochenendes: gemeinsames Frühstück bei Silvia und Reinhold. Nichts schöner, als bei einem guten Frühstück mit Gleichgesinnten die Erlebnisse der vergangenen zwei Tage ausführlichst zu erörtern. Jeder hat sein eigenes Trainingswochenende erlebt, jeder hat seine Geschichte zu erzählen. Aber alle hatten Spaß und viele gemeinsame Erlebnisse. Und nach dem zweiten Brötchen, einer Tasse Tee, einer deftigen Suppe, warmen Waffeln mit Nutella und einem gefühlten Liter Saft tun die Beine schon fast gar nicht mehr weh.

Mein Kopf und mein Körper sind wieder Freunde und kommen zu der Erkenntnis: „War doch eigentlich ganz ok das Wochenende, oder?“

Zahlenspiele
Für alle Statistikfreaks hier noch ein paar nackte Zahlen über das Wochenende, präsentiert von meiner Garmin:
– Kilometer: 71,79
– Zeit: 7:27:50
– Höhenmeter: 1046
– Kalorienverbrauch: 4570

4 Gedanken zu „Training pur – Ein Wochenende für Kopf und Beine“

  1. Hallo Matthias,

    großes Kompliment für Deinen Bericht zum Trainingswochenende. Ich habe mit Dir gelitten. Ganz besonders freut es mich, das Du uns durch Deine Zeilen beim Aufbau unserer neuen Internetseiten hilfst.
    Weiter so!

    Liebe Grüße

    Reinhold

  2. Hallo Matthias,
    dein Bericht zeigt mir wie engagiert ihr solch ein Trainingswochenende angeht und auch zu Ende bringt.
    4 Trainingseinheiten innerhalb von 40 Std. ist für viele eine neue Erfahrung für den Körper und den Kopf.
    Eure Begeisterung (nach dem Training) motiviert auch mich.

    ich wünsche Dir und allen anderen eine erfolgreiche Saison
    euer Trainer Andreas

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