Challenge Heilbronn – eine echte Herausforderung

1500 Meter schwimmen im Nebenarm des Neckars in Heilbronn: Eine echte Herausforderung für einen Läufer, der das Schwimmen früher allenfalls als Alternativtraining angesehen hat – zur Regeneration oder bei verletzungsbedingten Laufpausen.  Aber als spätberufener Triathlet führt an solchen Herausforderungen nun mal kein Weg vorbei.

Das Schwimmen mit Neoprenanzug habe ich erst kurz vor dem Wettkampf zum ersten Mal geübt. Mit entsprechend gemischten Gefühlen zwänge ich mich eine halbe Stunde vor dem Start in den eng anliegenden Gummianzug. Mehrere Hundert Gleichgesinnte stehen mit mir im Startbereich.

Warten auf den Wellenstart. Foto: Sportograf

 

Wie soll das funktionieren? All die Menschen in dem engen Fluss? Zum Glück gibt es einen Wellenstart. Alle 5 Sekunden starten 6 Athleten. So fällt das Gedränge nicht ganz so dramatisch aus wie befürchtet. Aber das ein oder andere Körperteil meiner Mitschwimmer kommt mir dennoch in die Quere. Es gibt offensichtlich jede Menge Triathleten, die auch nicht schneller schwimmen als ich.

„Kann ich mal eben durch?“. Foto: Sportograf

Wie geplant schwimme ich bewusst langsam. Mit gut gepolstertem Neo geht das. Der gibt schön Auftrieb und erfordert wenig Beinarbeit. Kräfte sparen, Krämpfe vermeiden. Damit hatte ich die letzten Wochen regelmäßig Probleme. Deshalb bewege ich die Beine nur minimal und atme auch nur auf meiner Lieblingsseite.  Gut, dass Schwimmtrainerin Heike meine miserable Wasserlage nicht sieht. Aber die Devise lautet: Angst überwinden, durchkommen. Geschwindigkeit und Schwimmtechnik sind heute sekundär.

Nach 750 Metern am Wendepunkt weiß ich, dass ich auch den Rückweg schaffen werde. Alles gar nicht so schlimm. Ist auch etwas weniger Verkehr jetzt. Nur das ständige Orientieren und das Heben des Kopfes kosten Kraft, zumal ich das viel häufiger machen muss als geplant. Ich hätte doch rechtzeitig in eine neue Schwimmbrille investieren sollen. Diese ist schon so trüb, dass ich Schwierigkeiten habe, die Orientierungsmarken und die anderen Schwimmer auszumachen.

Wo bin ich? Wo muss ich hin? Foto: Sportograf

Nach etwa 1000 Metern spüre ich die ersten dezenten Krämpfe im rechten Unterschenkel. Leichte Panik kommt auf. Ich sehe mich schon ans Ufer paddeln oder um Hilfe rufen. Ich will das aber zu Ende bringen, will ans Ziel kommen. Ruhe bewahren, Ganz locker. Beine noch weniger bewegen. Die Krämpfe lassen nach. Kurz vorm Ausstieg wieder leichte Krämpfe, diesmal in der Wade. Locker bleiben, locker bleiben. Die letzten 100 Meter schaffe ich auch noch. Gleich geschafft.

Ich bin sehr dankbar für die Helfer, die mir beim Ausstieg im wahrsten Sinne des Wortes unter die Arme greifen. Gar nicht so einfach, nach gut 34 Minuten schwimmen wieder in die Vertikale zu kommen. Ganz langsam jetzt. Erst mal paar Schritte gehen, einmal kurz die Treppe zur Brücke hochgestolpert, dann bin ich wieder fit und spule mein Programm ab: im lockeren barfüßigen Laufschritt Klettverschluss im Nacken öffnen, Reisverschluss aufziehen, Arme  befreien, Oberteil bis zur Hüfte nach unten ziehen, Bademütze und Schwimmbrille abnehmen. Ich hab alle Zeit der Welt dafür, denn es sind mindestens 300 Meter vom Schwimmausstieg bis zur Wechselzone.

Ich hab mir vorher genau eingeprägt, wo mein Fahrrad steht, so dass ich keine unnötige Zeit verliere. Im Knien ziehe ich Socken und Schuhe an.

Geordnetes Chaos in der Wechselzone. Foto: Sporograf

Da kommt der nächste Krampf. Diesmal im hinteren Oberschenkel. Aufstehen, Krampf wegdehnen. Was soll’s:  Dann ziehe ich die Schuhe halt an, ohne mich hinzuknien.   Brille, Helm, Startnummer, Fahrrad und schon geht es weiter.

Ein bisschen irritiert bin ich allerdings schon wegen der jetzt schon auftretenden Krämpfe. Ich hab doch noch das meiste vor mir. Ich trete entsprechend defensiv in die Pedale. Lieber einen Gang runterschalten und mit höherer Frequenz fahren. Wieder einer von Uwes Tipps.

Aber natürlich verlangen die knapp 40 Kilometer schon etwas Kraftaufwand. Die  profilierte Strecke fährt sich nicht von alleine. Vor allem zu Beginn der zweiten Hälfte. Da ruft der Berg. Im Grunde nicht wirklich anspruchsvoll, selbst für mich nicht. Mehr als 10% Steigung sind es nie. Aber ich bin trotzdem zurückhaltend.

Berg bezwungen. Jetzt geht’s bergab. Foto: Sportograf

Dann kommen die langen Abfahrten. Die tun gut. Eigentlich hab ich immer etwas Bammel vor schnellem Bergabfahren. Aber hier im Wettkampf auf sehr übersichtlichen und superglatten Straßen ohne Verkehr kann auch ich es laufen lassen. Später stelle ich überrascht fest, dass es einmal knapp über 70 km/h waren.

Die letzten Kilometer nehme ich nochmal etwas Druck raus, so dass ich relativ ausgeruht in der Wechselzone ankomme. Knapp 30er Schnitt. Hätte ich bei dem Profil nicht erwartet. Mal sehen wie es mit dem Laufen klappt.

Zwei Runden sind zu absolvieren. Da mittlerweile auch die Athleten der Sprintdistanz auf der Laufstrecke sind, ist hier ziemlich viel Verkehr. Aber das beflügelt mich eher. Ich überhole permanent, fühle mich sehr gut.

Viel Verkehr heute. Foto: Sportograf

Die Beine sind natürlich schwer, aber es scheinen keine Krämpfe zu drohen. Nur nicht überpacen. Lange lockere Schritte machen, im aeroben Bereich bleiben. Der Schnitt pendelt sich bei 4:42 bis 4:44 Minuten pro Kilometer ein. Super. Die angenehmen Temperaturen und der Schatten der Platanen entlang des Neckars helfen natürlich. Ich hoffe, ich kann das Tempo halten. Ich kann. Und überhole und überhole.

Endspurt. Foto: Sportograf

Beseelt und mit Siegerpose laufe ich durch den Zielkanal, vorbei an der Menge anfeuernder und motivierender Zuschauer über den nicht enden wollenden roten Teppich über die Ziellinie.

Im Zielkanal. Foto: Sportograf

Bei 2:50:14 bleibt die Uhr stehen und ich freue mich riesig, mein olympisches Debüt deutlich unter meiner Zielzeit von 3 Stunden und als 7. von 27 in der Altersklasse geschafft zu haben.

Medaille – zum Greifen nahe. Foto: Sportograf

Ich bediene mich an den großzügigen After-Race Verpflegungsständen und erlebe dann noch hautnah den Zieleinlauf von Sebastian Kienle, Andy Böcherer und Sven Riederer, drei der erfolgreichsten Triathleten, die Deutschland aktuell zu bieten hat. Sebastian Kienle finisht die Challenge Half (1,9 km Schwimmen, 88,1 km Radfahren, 20,3 km Laufen) in 3:49:59.  Wahnsinn!

Wer weiß, vielleicht ist nach dieser olympischen Triathlon Challenge ein solcher Halb-Ironman irgendwann mal meine nächste große Herausforderung. Aber vorher muss ich erst noch was gegen meine Krämpfe tun und mir eine neue Schwimmbrille kaufen. Achso, ja – und  ein bisschen trainieren muss ich wohl auch noch.  😉 

2 Gedanken zu „Challenge Heilbronn – eine echte Herausforderung“

  1. Hey wow! Respekt!
    Nicht nur ein super schönes Rennen von dir, sondern mal wieder ein sehr schöner Bericht, den es richtig Spaß macht zu lesen!
    Ich bewundere dich sehr, wie du dich für deine Triathlon Rennen vorbereitest und dich dann durch ein solches Training nicht nur körperlich, sondern auch mental durch kämpfst! Ich glaube ja immer noch, alleine durch die über 1km lange Schwimmstrecke würde ich noch nicht einmal durch kommen 🙂

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