Bei fast jedem Stadtmarathon sind sie dabei: Die vom Veranstalter eingesetzten Pacemaker. Auch einige aus unserem Lauftreff sind regelmäßig mit dabei (in Luxemburg 2015 waren das Martin Kasel, Andreas Werner, Thomas Werner, Michael Zender und ich) und geniessen es auch mal „langsam“ für Euch zu laufen. Pacemaker teilen sich wie die Läufer selbst in zwei Lager: Die üblicherweise für Geld verpflichteten Elite-Pacer, die sich für die Spitzenläufer im Wind aufreiben und das Zieltempo bis zu einem bestimmten Punkt ziehen. Sieht man aber praktisch nur im Fernsehen. Und dann gibt es die weniger auffälligen, dafür umso zahlreicheren Pacemaker für die Amateure, die auf gestaffelte, fest definierte Zielzeiten laufen. Je nach Marathon wird dieser Service meist für Zeiten zwischen 3-6h in 15 Minuten Schritten angeboten.
Selbst die Wissenschaft macht sich Gedanken darüber, ob Pacemaking hilfreich ist. Allerdings ist meine persönliche Erfahrung mit Tempomachern sehr gemischt, was, wie ich immer wieder von erfahrenen Laufkollegen höre, ein verbreitetes Problem zu sein scheint. Vom sicher auch vorhandenen Verzerrungseffekt (kommuniziert und wahrgenommen wird eher das negative Erlebnis) mal abgesehen: Auch Pacer sind halt nur Menschen, mit allen Stärken und Schwächen. So bin ich einmal einem (um es mal deutlich zu sagen) ziemlichen Egoisten begegnet, der im Rahmen seines Pacemaker-Engagements versuchte, eine neue, persönliche Bestzeit zu erzielen. Im Ziel darauf angesprochen meinte er nur, jeder sei ja auch für sich selbst verantwortlich (stimmt) und er könne da auch nix machen (stimmt nicht).
Oder der hier: Beim Utrecht-Marathon an Ostern hatte der Veranstalter die „lustige“ Idee, die Pacemaker im Hasenkostüm (Fell, Ganzkörper) laufen zu lassen. Man denkt unweigerlich, ob der was geraucht hat, um auf die Idee zu kommen. Die Hasen dann auf jeden Fall, denn die Temperatur beim Start morgens lag bereits bei 27°C und kletterte im Laufe des Rennens noch über 30°C. Fast kein Pacemaker hat das Ziel in der Vorgabezeit erreicht; ich habe meinen sogar noch stehen gelassen, obwohl ich selbst ziemlich gelitten hatte in der Hitze.
Noch einen, sehr weit verbreiteten: „Meine“ Pacer in Frankfurt stellten sich relativ weit hinten auf und die ersten 10km+ mußte sich die gesamte Pacegruppe durchs dichte Feld kämpfen, um auch nur in die Nähe der Zielzeit zu kommen. Kenne ich leider aus beiden Perspektiven, liegt oft daran, daß die Startaufstellung überhaupt nicht eingehalten wird. Später noch mehr dazu …
Daher dachte ich mir „das muß auch besser gehen“, und mehr durch Zufall gelangte ich an die beiden erfahrenen Läufer Kurt Dietz-Wägelein und Wolfgang Deutsch (Grüße an Euch an dieser Stelle!), mit denen ich 2011 in Luxemburg auf 3:59h meinen ersten Pacemarathon lief. Das war der optimale Einstieg und der Beweis, daß man es wirklich gut machen kann, denn die beiden wußten genau, worauf es ankommt auf der profilierten Strecke, und während unserer Punktlandung konnten wir viel übers Pacemaking quatschen:
Neben einem guten Marathontraining für eine sichere Zielzeit ist auch ein überdurchschnittliches Tempogefühl erforderlich. Auch das muß man trainieren, am Besten auch mal im Stadion aufgrund der Distanzsicherheit (gerne auch mal im Rahmen unseres Dienstagstrainings). Mittlerweile gelingt es mir das Tempo nicht nur zu halten, sondern auch sehr genau abzuschätzen. Und man muß tiefstapeln, mindestens 30 Minuten sollte man den Marathon schneller laufen können, um das Ziel stabil und sicher zu erreichen. Ebenso wichtig: Eine sehr gute, aktuelle Streckenkenntnis (Schlüsselstellen, Verpflegungspunkte, Änderungen), denn immer wieder verlaufen sich Leute bei Streckenabzweigen oder mehrfach gelaufenen Varianten, es stehen Kilometerschilder falsch, usw. Hier kommt auch das Kommunikationsvermögen ins Spiel und nicht nur die reine Fähigkeit eine Zielzeit laufen zu können. Denn in solchen Fällen kann ein guter Pacemaker der Gruppe die Situation erklären und damit für mehr Sicherheit sorgen.
Wichtig ist es eine gleichmäßige Belastung über die Gesamtstrecke zu laufen. Bei Flachmarathons wie Mainz oder Frankfurt ist das noch relativ einfach und klar. Auf profilierten Strecken wie in Luxemburg ist jedoch kein Kilometer wie der andere. Dort muß man z.B. bis zum tiefsten Punkt bei ca. KM31 einige Minuten herauslaufen, um die notwendigen Reserven für den 10km langen Schlussanstieg zu haben. Gerade dann ist es wichtig, die Läufer über die gewählte Taktik zu informieren. Leider zeigt sich hier oft auch, dass sich sehr viele fast blind auf den Pacemaker verlassen und kaum etwas über die Strecke wissen. Gerade in Luxemburg werden wir immer wieder darauf hingewiesen, daß wir zu schnell unterwegs seien. Ab besagtem KM31 stellt das dann niemand mehr in Frage …
Auch für Pacemaker ist die Startaufstellung immer wieder ein Rätsel. Gerade bei Marathons mit eingebautem Halbmarathon, 2/3 Marathon, Team Run, Staffel, Duomarathon, usw. kann man fest davon ausgehen, daß man zu weit hinten steht, wenn man sich richtig aufstellt. Wir müssen dann mit unserer Gruppe tausende Läufer überholen. Das nervt alle. Es gibt Lösungen, leider werden diese aus unerfindlichen Gründen nicht umgesetzt (bessere Kontrollen, mehr Information, Start in Wellen, …). In den USA stellt sich übrigens fast niemand falsch auf, dort hat man ganz allgemein deutlich mehr Respekt gegenüber den anderen Läufern.
Im Rennen versucht man dann auch zu motivieren, verteilt Salztabletten (danke, Micha!), holt Getränke, usw. Irgendwann fällt auch die stärkste Gruppe auseinander, manche laufen nach vorne weg, doch die meisten bleiben leider zurück. Besonders freut man sich, wenn man von Gruppenmitgliedern im Ziel dann abgeklatscht wird und diese sich für die Pace-Arbeit bedanken. Manchmal läuft es auch als Pacemaker leider nicht rund und man muß verlangsamen oder aufhören. Kann passieren, niemand sollte dann sauer sein (sofern die Vorbereitung stimmte), wichtig ist nur das anzukündigen und die Erkennungsmerkmale als Pacemaker zu entfernen (Shirt drehen, Ballon fliegen lassen, usw.). Deshalb sollten Pace-Teams mit 2-3 Läufern besetzt sein.
Abschließend an alle zukünftigen Mit-Läufer in einer Pacegruppe: Verlaßt Euch nicht blind auf Euren Pacemaker, er(sie) kann das verpaßte Training für Euch auch nicht aufholen! Vermeidet große Gruppen, denn da wird viel gedrängelt, lauft lieber ein kleines Stück dahinter und holt dann erst gegen Ende auf, wenn möglich. Erkundigt Euch vorm Start bei Euren Pacern nach Renntaktik, Besonderheiten und deren Erfahrung. Leider hat nicht jeder Veranstalter die gleichen Auswahlkriterien, achtet also ggf. auch bei der Wahl des Marathons bereits darauf, wer die Pace machen wird (leider geben das aber die meisten Veranstalter nicht an, so daß es oft ein Glücksspiel ist wen man kriegt).
Und wenn Euer Pacemaker einen guten Job gemacht hat freut er sich auch über ein paar nette Worte im Ziel, denn auch wir sind „nur“ Menschen 🙂
Eure Pacemaker der TG Konz
PS: Ich bin in Luxemburg einmal mehr auch wieder für MSF (Ärzte ohne Grenzen) als Spendensammler unterwegs gewesen und würde mich freuen, wenn ihr unsere Spendenaktion unterstützt! Jeder Euro hilft! Spendenzweck ist dieses Jahr die Durchführung von grundlegenden Impfungen in Afrika. MSF ist eine der wenigen Organisationen, die auch in die abgelegensten Orte/Regionen vordringen. Man muß sich nicht registrieren, kann eine Spendenquittung beantragen, es geht schnell und einfach mit Kreditkarte in 5 Minuten, und wer möchte kann noch eine Nachricht hinterlassen, gerne auch mit Hinweis auf den Lauftreff der TG Konz. Danke für Eure Unterstützung!